Kinderwunsch - oft unerfüllt bei stark adipösen Frauen
Eizellreifung und Eisprung sind bei stark adipösen Frauen gestört. Die Fruchtbarkeit steigt aber wieder, wenn es der Frau gelingt abzunehmen.
Kinder gelten in einer Partnerschaft für viele als die Erfüllung schlechthin. Bei sehr adipösen Frauen bleibt der Kinderwunsch allerdings häufig unerfüllt. So auch bei der heute 30-jährigen Peggy K., die am Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) AdipositasErkrankungen therapiert wurde. Sie wog rund 145 kg und trug Kleidergröße 58. Für sie und ihren Mann blieb der Wunsch nach einem Kind viele Jahre lang unerfüllt. Selbst verschiedene Therapien in der Reproduktionsmedizin konnten dem Ehepaar nicht helfen.
“Wenn eine Freundin erzählte, dass sie schwanger ist, bin ich immer in eine Depression verfallen. Wir waren ziemlich verzweifelt. Weder das Abnehmen noch die Schwangerschaft wollte klappen“, so Peggy K. zur damaligen Situation. Sie wusste von ihren Ärzten, dass starkes Übergewicht bei Frauen, die Fruchtbarkeit vermindern kann. Ab etwa einem Body-Mass-Index von 40 kg/m2 sinkt die Chance auf eine Schwangerschaft deutlich. Schuld daran ist die Störung der Eizellreifung und des Eisprungs. Diese Störung wird verursacht durch die Erhöhung von Insulin- und Blutzuckerspiegeln, Blutfetten und Fettgewebshormonen. Auch die Hormone der Hirnanhangsdrüse, die für die Eizellreifung wichtig sind, geraten in ein Ungleichgewicht. Nicht selten kommt es zudem zu einer Zunahme der männlichen Hormone. Mathias Faßhauer, Professor für die Endokrinologie der Adipositas am IFB, erklärt diesen Zusammenhang so: “Bei stark übergewichtigen Patientinnen sind verschiedene im Blut zirkulierende Botenstoffe in ihrer Konzentration deutlich verändert, was zu einer verminderten Fruchtbarkeit beiträgt.“ Insulin spielt dabei die zentrale Rolle: Obwohl die Insulinspiegel bei den adipösen Patientinnen erhöht sind, liegt eine abgeschwächte Wirkung des Hormons in den Körperzellen vor (Insulinresistenz). „Dies führt wiederum zur Störung weiterer Hormonsysteme, z.B. der männlichen Hormone und der Fettgewebshormone“, so der Adipositas-Experte.
Adipositas bei jungen Frauen erhöht außerdem das Risiko für das so genannte polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS). Dabei ist durch einen Überschuss an männlichen Hormonen die Funktion der Eierstöcke (Ovarien) gestört. Es kommt nur selten oder gar nicht zum Eisprung, die Periode wird unregelmäßig oder setzt ganz aus. Diese Symptome führen die Frau dann zum Gynäkologen; meist sind sie erste Anzeichen des PCO-Syndroms. So war es auch bei Peggy K. „Ich hatte meine Periode nur rund drei Mal im Jahr. Oft hab’ ich dann gehofft, doch schwanger zu sein und einen Test gemacht – aber immer ohne Erfolg.“ Bei rund fünf Prozent der geschlechtsreifen Frauen liegt ein polyzystisches Ovarialsyndrom vor - diese hohe Erkrankungsrate macht das PCOS heute zum Hauptgrund für Unfruchtbarkeit. Das Leiden tritt familiär gehäuft auf und geht oft einher mit dem so genannten metabolischen Syndrom. Bei diesem Syndrom leiden die Patienten an Adipositas, Bluthochdruck, Zucker- und Fettstoffwechselstörungen sowie als Folge an Gefäßverkalkungen (Artherosklerose). Je häufiger eine Adipositas mit metabolischem Syndrom also in der weiblichen Bevölkerung auftritt, umso mehr Frauen leiden auch unter einem PCOS und somit einer verminderten Fruchtbarkeit.
Die Behandlung der Adipositas reduziert folglich nicht nur das Übergewicht und das metabolische Syndrom, sie steigert auch wieder die Fertilität. Mit den verlorenen Pfunden steigt also die Chance auf eine Schwangerschaft. Dies war auch bei Peggy K. der Fall. Dank einer Magenbypass-Operation und speziellem Ernährungsprogramm verlor sie seither über 35 Kilogramm. Auch der so lang gehegte Kinderwunsch wird nun wahr: Sie wurde überraschend schwanger und die Schwangerschaft verläuft bisher problemlos. „Natürlich muss ich wegen der Operation besonders auf genügend Nährstoffe und Vitamine achten. Aber ich bin sehr froh! Auch die anderen Beschwerden, wie Angina pectoris, Bluthochdruck oder Diabetes sind viel besser geworden.“
Übrigens kommt auch bei Männern mit schwerem Übergewicht eine verminderte Zeugungsfähigkeit oder sogar Sterilität häufiger vor. Das liegt an einem erniedrigten Testosteronspiegel, einer gestörten Spermienproduktion sowie einer reduzierten Spermienbeweglichkeit.
(In weiteren Beiträgen zum Thema Adipositas und Kinderwunsch erfahren Sie mehr zu den Gefahren für Mutter und Kind, wenn die Schwangere stark übergewichtig ist.)
Doris Gabel
Schlüsselwörter: Kinderwunsch & Familie, Folgeerkrankungen